
Veröffentlicht am 15.11.2023
„Freiheit - laut sollt ihr dafür sein!“
Freiheit - das ist für Anni, die Protagonistin des Theaterstücks „Über das Leben oder meine Geburtstage mit dem Führer“, in ihrer Kindheit nichts Selbstverständliches. Vielmehr ist es ein Wort, das sie in der damaligen Zeit, 1933 bis 1945, in Deutschland nur flüstern darf.
Das Ensemble der Wittener Theatergruppe „theaterspiel“ präsentierte auf eindringliche und berührende Weise am 14. November 2023 bei uns am Heisenberg-Gymnasium die fiktive Darstellung einer Kindheit und Jugend zur Zeit des Nationalsozialismus.
Im Mittelpunkt des Theaterstücks, das auf der Grundlage persönlicher Familiengeschichten, historischer Überlieferungen sowie Zeitzeugenberichten entstand, steht das Schicksal von Anni und ihrer Familie, ihrer Freunde und Nachbarn.
Strukturiert wird die Geschichte durch die Geburtstage der Protagonistin am 20. April - ebenfalls Geburtstag Adolf Hitlers.Das Stück beginnt mit Annis zunächst ausgelassener Geburtstagsfeier im Kreise ihrer Eltern, des jüdischen Nachbarn Herrn Liebmann sowie der Nachbarsfamilie ihres Schulfreundes Hansi. Zu diesem Zeitpunkt, kurz bevor Hitler 1933 in Deutschland an die Macht kommt, ist Anni 9 Jahre alt.
Es gibt Kuchen, der Vater präsentiert Zaubertricks, man musiziert, singt und tanzt ausgelassen.
Im Folgenden werden parallel zu Annis Geburtstagen die politisch-historischen Entwicklungen der kommenden Jahre in Deutschland präsentiert.
Was auf den ersten Blick mit der kindlichen Faszination von Anni und Hansi für augenscheinliche Jugendgruppen wie z.B. der Hitlerjugend schleichend beginnt, nimmt bereits nach kurzer Zeit durch gewalttätige Angriffe gegenüber Annis politisch linksorientierten Vater, dem Berufsverbot für den jüdischen Musiklehrer Herrn Liebmann sowie der Razzia der familiären Wohnung an Tempo auf und erreicht einen vorläufigen Höhepunkt in der Verhaftung des Vaters, der sich von Anfang an offen gegen die Politik der Nazis positioniert.
Auch Anni hat sich längst von den Parolen, Idealen und Zwängen der HJ bzw. dem BdM abgewandt und schließt sich einer Gruppe junger Widerständler an, was zum endgültigen Bruch mit ihrem ehemaligen Freund Hansi, der mittlerweile ein treudienender Nationalsozialist ist, führt.
Die wachsende Bedrohung für Anni, ihre Eltern sowie Herrn Liebmann wird durch die eindringliche und emotionale Darstellung der Schauspieler*innen für die Zuschauer*innen im Verlauf des Stückes immer intensiver spürbar. Unterstützt wird die Dramatik des Inhalts durch musikalische Einlagen, anfangs noch mit einem hell klingenden Tenorsaxophon, später mit einem Baritonsaxophon, das durch seinen dunklen, dumpfen Ton die mittlerweile lebensbedrohliche Situation für Anni und ihre Lieben eindringlich unterstreicht und das beklemmende Gefühl für die Zuschauenden immer größer werden lässt.
Als Annis Vater sowie der jüdische Freund letztlich von den Nazis deportiert und getötet werden, geht die Protagonistin endgültig in den Widerstand.
„Es muss doch eine von uns übrig bleiben", sagt Annis Mutter am Ende des Stückes zu ihrer Tochter. Ein Satz, der nachhallt, und zugleich eine Mahnung gegen das Vergessen beinhaltet. #Niewieder
Wir bedanken uns bei dem tollen Ensemble von theaterspiel. Danke, dass ihr uns auf diese beklemmende Reise mitgenommen habt und uns so vor Augen geführt habt, wie wertvoll und schützenswert Demokratie und Freiheit sind.